Veranstaltung: | 02. Landesdelegiertenrat 2017 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesfachgruppe Soziales (dort beschlossen am: 16.11.2017) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.11.2017, 20:18 |
A-2: Antrag der Landesfachgruppe Soziales, Gesundheit und Arbeitsmarktpolitik zum Kinderförderungsgesetz
Antragstext
Hintergrund dieses Antrags:
Das Kinderförderungsgesetz wurde in den letzten Monaten mehrfach evaluiert.
Diese Evaluationen sollen Grundlage für eine qualitative und finanzielle
Weiterentwicklung der Gesetzgebung in der Kinderbetreuung sein. Vorab ist das
Land gefordert, die vom Landesverfassungsgericht festgestellten
Verfassungswidrigkeiten bezüglich der Finanzierung zu beheben.
Das Ziel dieses Antrags ist es, die Forderungen der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sachsen-Anhalt an ein KiFöG zu diskutieren und unserer Landtagsfraktion in die
Verhandlungen mitzugeben.
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Beschluss:
Der 02. Landesdelegiertenrat 2017 von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt möge
beschließen, dass die folgenden Forderungen in die Verhandlungen eines neues
KiföG von unserer Fraktion eingebracht werden.
- Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung von mindestens 8 Stunden für
alle Kinder muss gewährleistet werden. Bei Bedarf - bspw. Erwerbstätigkeit
beider Eltern – sind 10h zu gewährleisten.
- Ausfallzeiten (Krankheit, Urlaub, Fort- und Weiterbildungen) sowie
mittelbare pädagogische Arbeit müssen mit der nächsten Gesetzesnovelle auf
den Mindestpersonalschlüssel angerechnet werden. Auch braucht es klare
landesweite Regelungen für die Freistellung von KitaleiterInnen.
Mittelfristig muss der Mindestpersonalschlüssel erhöht werden.
- Küchen in die Kitas.
- Elternbeiträge müssen sozialverträglich gestaltet werden, ein erster
Schritt wäre, Elternbeiträge nach Einkommen zu staffeln.
- Ausbildung für Erzieher*innen praxisnäher und kompakter machen. Kitas sind
als Ausbildungsorte zu stärken, dafür sind Fortbildungen für die
Begleitung von Auszubildenden anzubieten und entsprechende Ressourcen
bereit zu stellen.
Sachsen-Anhalt muss Vorreiter in der Modernisierung der
ErzieherInnenausbildung sein. Neben der Akademisierung soll eine
dreijährige duale Ausbildung etabliert werden.
- Demokratie und Vielfalt in Kitas muss forciert werden.
- Besondere Bedarfe von Kitas honorieren.
- Ein Transparentes und qualitätsbezogenes Finanzierungssystem in Form einer
Entgeltfinanzierung soll mit der nächsten Gesetzesnovelle nachholend
vollzogen werden.
Begründung:
Zu 1. Rechtsanspruch
Der 2013 eingeführte Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für alle Kinder
unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern, war ein wichtiger und richtiger Schritt
zur Förderung aller Kinder. Auch Kindern erwerbsloser Eltern oder von Eltern in
Elternzeit haben damit das gleiche Recht auf Bildung in der Kita wie Kinder,
deren Eltern erwerbstätig sind. Der „Zweiklassenanspruch“ wurde abgeschafft.
Damit geht das Land bewusst über den im SGB VIII mittlerweile festgeschriebenen
Rechtsanspruch hinaus. Dies entspringt nicht nur der Tradition der
Kinderbetreuung in den Ostländern, sondern insbesondere dem Wissen um die
zentrale Bedeutung frühkindlicher Bildung. Mit diesem Anspruch steht Sachsen-
Anhalt an der Spitze im bundesweiten Vergleich.
Zu 2. Mindestpersonalschlüssel
Der Mindestpersonalschlüssel in Sachsen-Anhalt ist einer der schlechtesten in
Deutschland und weit entfernt von den Empfehlungen der einschlägigen Forschung.
In Sachsen-Anhalt kommen 5,6 Krippenkinder auf eine ErzieherIn – die
Bertelsmannstiftung empfiehlt einen Schlüssel von 3:1, weiter kommen 12,5 Kinder
der Altersgruppe 3-6 auf eine ErzieherIn – hier empfiehlt die
Bertelsmannstiftung 7,5:1. Darüber hinaus ist in Sachsen-Anhalt das
Bildungsprogramm „Bildung elementar“ für Kitas und Horte festgeschrieben. Eine
zu dünne Personaldecke gefährdet eine gute Umsetzung in den Einrichtungen.
Der Mindestpersonalschlüssel muss sich langfristig auf den von der einschlägigen
Forschung empfohlenen Verhältnisse bewegen. Hier sehen wir auch den Bund in der
Pflicht.
Der aktuelle Mindestpersonalschlüssel vernachlässigt Ausfallzeiten der
pädagogischen Fachkräfte. Urlaub, Krankheit und Fort- und Weiterbildung werden
nicht angerecht. Fällt eine PädagogIn aus, müssen die anderen ErzieherInnen
diesen Ausfall ausgleichen. Hier muss nachgebessert werden. Ausfallzeiten müssen
auf den Mindestpersonalschlüssel angerechnet werden.
ErzieherInnen arbeiten nicht nur unmittelbar am Kind, ihr Aufgabenfeld umfasst
auch die immer intensiver werdende Elternarbeit, kollegiale Beratung sowie die
Vor- und Nachbereitung der Bildungs- und Projektangebote. Dafür müssen
Zeitkontigente zur Verfügung stehen, die bisher nicht im
Mindestpersonalschlüssel berücksichtigt werden. Für die unmittelbare
pädagogische Arbeit muss auf den Mindestpersonalschlüssel angerechnet werden.
Zu 3. Küchen in die Kitas!
Kochen und Essen sind sozialintegrativ und darüber hinaus auch ein wichtiges
Bildungselement für Kinder im Elementarbereich. Gesunde Ernährung ist das A und
O eines gesunden Aufwachsens. Damit auch die Kinder zusammen mit den
ErzieherInnen kochen können, sind Küchen in Kitas notwendig. Dafür hat das Land
ein Förderprogramm „Küchen in Kitas“ aufzulegen.
Zu 4. Elternbeiträge
Vielerorts haben die Kostenbeiträge für Eltern zur Bildung und Betreuung ihres
Kinder eine Höhe erreicht, die nicht mehr sozialverträglich ist. Eine Deckelung
der Elternbeiträge ist unbedingt nötig.
Eine größere Spannbreite an Möglichkeiten der sozialverträglichen Gestaltung von
Elternbeträgen sollte darüber ins Auge gefasst werden. Es muss gerade für
Sachsen-Anhalts Eltern möglich sein, alle Maßnahmen der Staffelung nach § 90 SGB
VIII nutzen zu können. Vor allem eine Staffelung nach den Einkommen der Eltern
muss angestrebt werden. Langfristiges Ziel ist es, auch die Bildung im
Elementarbereich kostenfrei zu gestalten.
Zu 5. Ausbildung praxisnäher und kompakter machen
Die Evaluation hat gezeigt, dass über die Hälfte der ErzieherInnen in den über
50 Jahre alt ist. Der sich schon jetzt abzeichnende Fachkräftemangel wird sich
verschärfen. Schon jetzt steigen mehr ErzieherInnen durch den Renteneintritt
aus, als dass ausgebildete ErzieherInnen nachkommen. Mit der Fachkraft für
Kindertageseinrichtungen ist das Land schon den ersten Schritt zu einer
praxisnäheren Ausbildung gegangen, die zudem verkürzt und vergütet ist. Dies ist
unbedingt auszubauen. Es zeigt sich, dass die Einrichtungen als auch die
angehenden ErzieherInnen stark von dieser Verzahnung schon während der
Ausbildung profitieren. Mehr als bisher muss das Land Anstrengungen unternehmen,
diese Ausbildung in die Öffentlichkeit zu bringen, damit möglichst viele
Einrichtungen und an einer Ausbildung interessierten Personen davon erfahren. In
den Einrichtungen müssen Zeitkontingente zur Praxisanleitung zur Verfügung
gestellt werden, damit die jungen KollegInnen im Berufsfeld nicht allein
gelassen werden müssen.
Darüber hinaus ist zu prüfen, wie die ursprüngliche Ausbildung für junge
Menschen attraktiver gestaltet werden kann. Ein Weg wäre eine
Ausbildungsvergütung.
Zu 6. Demokratie und Vielfalt
Von Beginn an möchten Kinder ihre Umgebung gestalten. Diesem Wunsch muss in der
Kita nachgekommen werden. Kitas als Kinderstuben der Demokratie müssen
zunehmende demokratische Strukturen entwickeln, die die Rechte und Wünsche von
Krippen-, Kita- und Hortkinder gemäß ihres Alters gleichermaßen wahrt. Dafür
sind feste Strukturen zu schaffen, die vom Land gefördert werden.
Kein Kind wertet andere Kinder auf Grund seiner äußerlichen Merkmale, seiner
Herkunft oder seines Sozialstatus. Dies lernen Kinder von ihrer Umwelt. Aus
diesem Grund muss Vielfalt von Lebensformen, von Herkünfte und sozialen Stati
von Anfang thematisiert werden. Dazu gehört die kritische Auseinandersetzung mit
der eigenen Haltung der pädagogischen Fachkräfte, mit Bilderbüchern und mit
einer inklusiven Sprache.
Zu 7. Besondere Bedarfe von Kitas honorieren.
Die Lebenswelt von Kindern ist heute höchst unterschiedlich. Dies spiegelt sich
auch in unseren Kitas wieder. So haben wir heute viele Kitas, die wegen ihrer
Lage in besonderen sozialen Brennpunkten, besondere Förderbedarfe zum Ausgleich
von Benachteiligung der Kinder haben. Hier ist Sprachförderung, individuelle
Förderung und auch das Erlernen der grundständigen Fähigkeiten mit einem
erhöhten Personalaufwand verbunden. Das muss honoriert werden. Diese
Sonderförderung sehen wir als Kernelement einer Armutsprävention.
Zu 8. Finanzierungssystem
Für ein transparentes und qualitätsbezogenes Finanzierungssystem hat sich die
sogenannte Entgeltfinanzierungprinzipiell bewährt.Sowohl die Evaluation der
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin wie auch der Landesrechnungshof
stellen aber fest, dass dieses System im KiföG nicht konsequent zur Anwendung
kommt. Dies ist mit der nächsten Gesetzesnovelle nachholend zu vollziehen.
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