Veranstaltung: | 02. Landesdelegiertenrat 2017 |
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Tagesordnungspunkt: | 6. Anträge |
Antragsteller*in: | Andreas Gernegroß |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 16.11.2017, 20:16 |
A-1: Grüner Wasserstoff - Energieträger der Zukunft
Antragstext
Grüner Wasserstoff - Energieträger der Zukunft
Es ist vier vor zwölf. Die Energiewende in Deutschland ist erlahmt. Während
weltweit immer mehr in erneuerbare Energien investiert wird, ist in Deutschland
der Ausbau eingebrochen. Wir haben nur noch ein kurzes Zeitfenster in der
Klimapolitik, um um zu steuern. Wenn es uns nicht gelingt, jetzt sofort
Maßnahmen durchzusetzen, die den Ausstoß von CO2 drastisch reduzieren, verlieren
wir unsere natürliche Lebensgrundlage. Je länger wir warten, desto schlimmer
müssen die Maßnahmen ausfallen. Noch ist Zeit… Noch!
Wir Grüne müssen für das Wiedererstarken der Energiewende kämpfen. Wir streiten
für die faire Verteilung von Kosten und Nutzen der Energiewende, wollen die
Industrieausnahmen abschmelzen und dafür sorgen, dass jeder von günstigem
Ökostrom profitieren kann.
Der Einstieg in den Kohleausstieg und der Umstieg auf erneuerbare Energien im
Strom-, Wärme- und Verkehrsbereich sind letzten Endes ein aktiver Beitrag für
den Erhalt unserer Natur, unserer natürlichen Lebensgrundlagen und für den
Wirtschaftsstandort Deutschland.
Wer den Zusammenhang zwischen erneuerbarer Energien und erfolgreicher
Wirtschaftspolitik nicht sieht, der kann keine “wirtschaftsfreundliche“ Partei
sein. Wir Grüne denken in einem größeren Rahmen. Deshalb erarbeiten wir Konzepte
für den Umstieg - hin zu 100% Erneuerbare. Sektor Kopplung ist dabei einer der
größten Herausforderungen und Chancen zugleich.
In den Bereichen Wärme und Verkehr muss der Umstieg erst einmal begonnen werden.
Die Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen, bringt gerade im
sozialen Bereich jede Menge an Herausforderungen mit sich. Die gilt es zu
meistern. So sollte die energetische Sanierung von Wohnvierteln aktiv und mit
finanziellen Mitteln sozialverträglich gestaltet werden, wie zum Beispiel mit
einer Förderung für den Ausbau umweltfreundlicher Kraft-Wärme-Kopplung.
Der Umstieg zu 100% Erneuerbare im Bereich Stromerzeugung wurde erfolgreich
angestoßen. Momentan sind bis zu 40% des erzeugten Stromes[1] bereits aus
erneuerbaren Quellen. Es wird somit Zeit, Speicher in das Stromnetz einzubauen
und die Kohle-Grundlast zu reduzieren.
Ökostrom wird verstärkt Einzug halten in die Wärme- und die Verkehrswelt. Er
heizt dann Wohnungen, Autos und LKWs fahren mit ökologisch erzeugtem
Wasserstoff. Eine mögliche Dunkelflaute wird durch Wasserstoff, als
Langzeitspeicher, überbrückt. Zudem kann Wasserstoff stofflich genutzt werden.
Das spart Geld und senkt den CO2-Ausstoß. Diese Entwicklung wollen wir fördern.
Wir fordern ein Markteinführungsprogramm für Speicher. Denn sie sind die
entscheidende Schnittstelle zwischen Strom-, Wärme- und Verkehrssektor. Vorfahrt
für Elektromobilität und den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor. Die
zielgerichtete Digitalisierung der Energieversorgung unter höchsten
Anforderungen an den Datenschutz.
Für die Speicher muss in der aktuellen Markt-Architektur ein neuer Rechtsrahmen
gefunden werden. Aktuell werden diese als Letztverbraucher, wie alle
elektrischen Endgeräte, gewertet. Die Marktpreisfindung über diesen Weg wird
nicht der Funktion gerecht. Die Systemdienstleistung in Abhängigkeit vom Bedarf
im Stromnetz muss im Vordergrund stehen. Für diesen Schritt muss das bestehende
Stromsystem mit Großkraftwerken zur zentralen Frequenz- und Spannungsregelung
hin zu einem System dezentraler Netze organisiert werden, die sich in einer Art
örtlich flexiblen Lastverschiebung stützen.
In den Bereichen E-Mobilität (Individualverkehr, Schwerlastverkehr und ÖPNV)
stehen aktuell zwei Ausbaupfade zur Verfügung - BEV (Batterie Elektrisch) oder
FCHV (Wasserstoff Elektrisch). Beide Systeme haben Ihre Vor- und Nachteile.
Beide Systeme kosten beim Aufbau Geld. Die Kosten für den Aufbau der
Infrastruktur wird allemal billiger als die Klimawandel- Folgekosten, wenn wir
so weitermachen wie bisher. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist die
Konzentration auf ein System sinnvoller.
Das BImSchG sollte entsprechend angepasst werden, um eine dezentrale
Wasserstoffproduktion zum Beispiel direkt an Tankstellen oder Biogasanlagen zu
erleichtern.
Begründung:
Im Endeffekt gibt es drei Wege CO2 zu vermeiden.
1. Gar nicht fahren.
2. Chemie Elektrisch z.Bsp. mit Wasserstoff zu fahren.
2. Batterie Elektrisch
Am Ende zählt die gesamte Volkswirtschaftliche Betrachtung.
Wo kommt der Strom für Wasserstoff her?
Neue Stromtrassen fehlen derzeit nicht wirklich. Nach momentanem Planungs- und
Entwicklungsstand reicht eine Verstärkung der Übertragungsnetze aus. Weder
Neubau, Ausbau oder Verstärkung der Übertragungsnetze lassen Abregelungen der
Erneuerbaren vermeiden. Deshalb ist es wichtig, auch heute schon, die Peaks in
der Stromproduktion zur Wasserstofferzeugung zu nutzen. Vorrang muss aber der
Abbau der Kohlestromverstopfung haben.
Nach aktuellem NEP i.v.m. Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft sind nur 6 HGÜ
notwendig plus Verstärkung der Verteilernetze. Der Ausbau von
Übertragungsnetzen, auch als HGÜ, würden nur den aktuellen Stand der
Großkraftwerke zementieren.
Wasserstoff würde auch als Langzeitspeicher für die Dunkelflaute dienen und
müsste sowieso großflächig erzeugt werden. Die Kosten für die Speicherung von
Energie betragen 10,50€ für eine kWh bei Wasserstoff (FCHV) und 801,00€ je
Batteriespeicherung (BEV). Problem an der ganzen Sache ist der Ausbaustand der
Erneuerbaren. Bis 80% EE sind Li-on-Batterien besser, bei 100% ist Wasserstoff
besser. Da wir 100% wollen, ist die Entscheidung mehr als einfach! Die Kosten
für die Umwandlung der Energie sind bereits im Preis enthalten. Der technische
Fortschritt der Zeit macht es sogar möglich, nicht mehr 60% Wirkungsgrad von
Wasserstoff zu erzielen, sondern knapp 80% bei Wasserstoffsynthese.
Laut einem 100% EE Szenario der BAG Energie haben gerade einmal 200 TWh für den
gesamten Verkehrssektor zur Verfügung. Das entspricht knapp 80% Einsparung
(Stand jetzt).
Für die Verkehrsleistung von ca. 63. Mio Fahrzeugen im Individualverkehr sind ca
100 TWh nötig (bei nur Wasserstoff und 100% EE). Unterstellt ist jeweils auch
ein kräftiger Fortschritt bei Wissenschaft und Technik. Der Wirkungsgrad von
Wasserstoff ist derzeit im Verhältnis zu BEV 1:2 schlechter. Studien sehen aber
wurch WTF bis 2050 eine Verschiebung des Wirkungsgrades zu Gunsten von
Wasserstoff.
Vorteil für Arbeitsplätze?
Die aktuelle Bundesregierung (vor allem die SPD - Sigmar Gabriel) hat es
"erfolgreich" geschafft, genauso wie bei PV, Arbeitskräfte im Bereich der
Batterieproduktion ins Ausland zu verlagern. Der Aufbau einer
Wasserstoffinfrastruktur und die Produktion von Fahrzeugen mit
Wasserstoffantrieb (Brennstoffzelle oder Wasserstoffmotor) lassen Arbeitsplätze
hier in Europa oder in Deutschland entstehen.
Der Zug für Deutschland in Sachen Batterieproduktion ist längst abgefahren. Die
Chinesen haben sich über 60% der Jahresproduktion an Lithium gesichert. Und ein
Land der Dienstleister kann Deutschland auch nicht werden.
Kostenvorteil gegenüber dem Ausbau der Ladeinfrastruktur
Volkswirtschaftlich ist der Ausbau der Wasserstoffwirtschaft sinnvoller.
Strom Ladeinfrastruktur (Ladesäulen) müssten fast 1:1 für jedes Fahrzeug
aufgebaut und zusätzlich müssen die Verteilnetze massiv ausgebaut werden.
Um die viel zitierten Systemdienstleistungen durch Batteriespeicher zu
ermöglichen, müssten die PKW´s auch ständig am Netz hängen. Deshalb ist das
Argument, dass die meisten Autos vor allem nachts stillstehen, ein Argument
gegen Ladesäulen. Denn man müsste hier wirklich jedem PKW eine Ladesäule
hinstellen.
Systemdienstleistungen können nicht von den eher günstigen Versionen erbracht
werden
Es gibt 62,6 Millionen PKW Fahrzeuge derzeit in Deutschland. Wenn alle Batterien
elektrisch unterwegs sein wollen, dann müsste jeder eine Ladesäule haben. Macht
unterm Strich sehr viele Ladesäulen. Wer will die in ganz Deutschland
hinstellen? Die Verteilnetze müssten immens ausgebaut werden, um diesem Ansturm
auch nur im Ansatz gerecht zu werden.
Rechnung 1 - nur Überschlagsbeispiel
- Eine Ladesäule kostet rund 24 TEUR. Lass es nur 30 Mio Ladesäulen sein
(nicht jeder braucht immer eine und auf Arbeit kommt wieder eine
zusätzlich...)
= 720.000.000.000,00 Investkosten (ohne Ausbau der Netze)
- Eine Wasserstofftankstelle kostet rund 1 Mio €. 4000
Tankstellen wären ein schönes Netz
= 4.000.000.000,00
Diese einfache Rechnung zeigt ... Wasserstoff ist um einiges billiger.
Rechnung 1 - Bedarfsschätzung nach NPE (Nationale Plattform Elektromobilität)
Nach Angaben der Abschätzung der NPE ergibt sich bis 2020 ein Bedarf von
- 173.000 ACLadepunkten (Wechselstrom)
- 7.100 DCLadepunkten (Gleichstrom)
- im öffentlich zugänglichen Raum.
=> Ausbauziel 2020: 1 Mio E-Fahrzeuge (BEV)
Kosten dann schätzungsweise:
- + 2.000,00€ * 173.000 für AC Ladepunkte
- + 24.000,00€ * 7100 für DC Ladepunkte
= 516.400.000,00€
oder nur für die DC Technik = 170.400.000,00€
ohne Kosten Netzausbau
=> im Endeffekt müssen ja 63 Mio Fahrzeuge CO2 Neutral fahren.
"Elektrofahrzeuge, stellen aber gleichzeitig auch ein großes Problem für die
Netzstabilität dar. Eine Million Elektrofahrzeuge (BEV) würden z.B. mit einer
Anschlussleistung von 50 kW pro Fahrzeug eine gesamte Ladeleistung von 50.000 MW
aufweisen. Eine Größenordnung, die ungefähr der durchschnittlichen deutschen
Last entspricht. Zukünftig kann die Gefährdung der Netzstabilität durch
Schnellladestationen aber durch stationäre Stromspeicher für Erneuerbare
Energien ausgeglichen werden (z.B. durch große Batterien für PV-Anlagen).
Dadurch wäre eine Schnellbeladung von Elektrofahrzeugen möglich, ohne die Netze
zu überlasten."
Vorteil für den Verbraucher - beim Gebrauch
Wasserstoff kann innerhalb von 3 Minuten nachgetankt werden Strom dauert um den
Faktor 10 länger (mind.) Wasserstoff wird zentral an einer Tankstelle getankt.
Vermeidung von moralischen Komplikationen
Kobalt wird für Lithium-Ionen-Akkus benötigt, diese sind praktisch in allen
Mobilgeräten zu finden. Laut Amnesty International kommt es im Süden des Kongos
zu weitverbreiteter Ausbeutung von Kindern, diese sind teilweise nur sieben
Jahre alt und arbeiten unter besonders schlechten Arbeitsbedingungen, so die
Menschenrechtsorganisation in ihrem Bericht (PDF; via VentureBeat).
[1] Anteil Erneuerbare Energien im 1. Halbjahr 2017 bei 37,8 %, Bundesweit
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